18381838 war die Zeit für eine Trennung der Schulgemeinden Rödlitz und Hohndorf reif. Der Unterricht in der überfüllten Rödlitzer Schule, der schon bisher die Kräfte eines Lehrers überstieg, genügte den Forderungen des neuen Schulgesetzes von 1835 bei weitem nicht mehr. Zudem war das Gebäude zu eng geworden. Ein Anbau drohte. Als daher im Frühjahr 1838 die Hohndorfer bei der Waldenburger Ephorie ihre Ausschulung beantragten, wurde dieser Beschluss von den Rödlitzern „erleichterten Herzens“ aufgenommen. Funke war mit 25 Talern Entschädigung von Hohndorf zufrieden, die fehlenden 50 Taler legte Rödlitz zu. Auf die Klafter Holz, die die Hohndorfer ihm weiter gewähren wollten, verzichtete er.
Schon zu Michaelis 1838 sollte der erste Unterricht in Hohndorf sein. Bis dahin wollte man ein eigenes Schulhaus bauen oder ein „geeignetes Local“ finden. Dem neuen Lehrer sollte ein jährliches Gehalt von 120 Talern zugebilligt werden, dazu freie Wohnung und Heizung. Das war das Mindeste, was nach dem Schulgesetz zugestanden werden musste.
Im Sommer des gleichen Jahres bot nun der Hufschmiedemeister Karl Gottlob Wagner sein Wohnhaus zum Verkauf an. Er hatte es vor einigen Jahren völlig umgebaut und als Schmiede eingerichtet. Die Gemeinde ergriff diese günstige Gelegenheit, denn als Schulhaus war es wegen seiner stillen und freien Lage wohl geeignet. Man kaufte es für 875 Taler. Diese ehemalige Schmiede musste natürlich noch einmal umgebaut werden. Am Ende des Jahres 1838 war das Schulhaus fertig. Es kostete nun 1300 Taler. Die Gemeinde bat die Herrschaft um ein Gnadengeschenk für den weiteren Ausbau. „Unsere Commun besteht aus 19 Bauern, 18 Gärtnern und 30 Häuslern, im Ganzen wenig über 400 Seelen. Die meisten Einwohner unseres Ortes befinden sich nicht in günstigen Verhältnissen und müssen sich mühsam von einer zur anderen Woche durcharbeiten, um die unentbehrlichsten Nahrungsmittel zu verdienen. Bei der immer mehr überhand nehmenden Teuerung des Getreides muss vielen unter uns wegen der Zukunft bange werden, indem der geringe jetzige Bewerb in keinem Verhältnis zu den Brotpreisen steht. Die Gemeindkasse ist erschöpft. Sie hätten erst kürzlich 200 Taler zur Reparatur des Lichtensteiner Kirchturms beitragen müssen.“
Der Fürst vermachte der armen Gemeinde ein hochherziges Geschenk von 300 Talern.
1839Obwohl die neue Schule zu Beginn des Jahres 1839 fertig war, wollte sich für 120 Taler jährliches Gehalt kein Lehrer finden lassen, denn eine Dorfschule, mit der kein Kirchendienst verbunden war, wodurch sich das Einkommen auf das Doppelte erhöhte, galt als Nebenschule. Zudem herrschte großer Mangel an Lehrern.
Endlich, am 15. Mai 1839, meldete sich Christian Wilhelm Friedrich aus Treuen im Vogtland nach Hohndorf. Er hatte kurz zuvor die Kandidaten-Prüfung in Plauen bestanden. Die übliche Probe vor der Gemeinde wurde ihm erlassen.
Am Sonnabend, dem 20. Juli, hielt der erste Hohndorfer Lehrer seinen Einzug. Man hatte einen Wagen nach Treuen geschickt, um ihn und seine Frau herbeizuholen. Die Kinder erwarteten „ihren“ Lehrer an der Lichtensteiner Grenze, um ihn im feierlichen Zuge nach der Schulwohnung zu begleiten. Anschließend wurde ihnen, zur Erinnerung an diesen großen Tag, eine „Ergötzlichkeit“ gewährt. Am Abend des gleichen Tages versammelten sich die Mitglieder des Gemeinderates und die Gerichtspersonen zu einer Mahlzeit im Gasthof, um sich dem „Herrn Schulmeister“ bekannt zu machen. Die hoffnungsfrohe, freudige Stimmung erreichte ihren Höhepunkt, als der Gemeindevorsteher Johann Gottlob Bauer verkündete, dass er heute auf mündliche Vorladung im Amte gewesen sei. Dort habe man ihm ein hochfürstliches Dekret vorgelesen, dass Ihre Durchlaucht der Gemeinde Hohndorf weitere 200 Taler allergnädigst geschenkt habe, ihr Schulfond also jetzt 500 Taler betrage.
Von diesem Gelde sollten Bänke, Pult und Bücher gekauft werden. Doch hatte man in der langen Wartezeit alle Einrichtungsgegenstände schon aus eigenen Mitteln beschafft. Diese 500 Taler blieben auch weiterhin erhalten. Nur von den Zinsen sollten die notwendigen Schulausgaben gedeckt werden. Doch schlug man auch diese immer wieder zum Kapital, sodass zur Einrichtung der zweiten Schule, unseres Rathauses, 244 Taler an Zinsen vorhanden waren. 1899 betrug das fürstliche Vermächtnis 2000 Mark.
Am 25. Juli führte der Rödlitzer Lehrer Funke 84 Hohndorfer Schulkinder ihrer eigenen Schule zu.
Wir wollen nun einiges aus dem ersten Unterricht in Hohndorf schildern:
Die Kinder waren ihrem Alter nach in zwei Klassen eingeteilt. 1839 befanden sich in der Oberklasse 47, in der Unterklasse 47 Kinder. Jede Klasse hatte 16 Stunden Unterricht, was dem heutigen Stand eines ersten Schuljahres entspricht. Der Unterricht währte für die Oberklasse von 7 bis 10 Uhr, für die Unterklasse von 1 bis 4 Uhr. Mittwochs und sonnabends hatten beide Klassen je zwei Stunden Schule. Da im Sommer die größeren Kinder bei der Ernte gebraucht wurden, gingen sie von Mitte Juli bis zur eingebrachten Kartoffelernte nachmittags, die Kleinen, die während der Arbeit am Vormittag im Weg waren, schickte man dagegen früh zum Unterricht.
Folgende Fächer werden wöchentlich in der Oberklasse unterrichtet:
3 Stunden Katechismus, 3 Stunden Bibel- und Gesangsbuchlesen, je 2 Stunden Rechnen, Schreiben und gemeinnützige Kenntnisse, 1 Stunde Deutsch, 1 Stunde Singen.
In der Unterklasse: 6 Stunden Lesen, 2 Stunden biblische Erzählungen, 2 Stunden Denk- und Sprechübungen, 3 Stunden Schreiben, 3 Stunden Rechnen.
Viel Freude werden die Hohndorfer Kinder, die bisher mehr als Kostgänger die Rödlitzer Schule besucht hatten, ihrem neuen Lehrer nicht gemacht haben. Die wenigsten Kinder Oberklasse lasen mit Fertigkeit, dagegen die meisten recht mangelhaft. Zudem fehlte es an Lesebüchern für die Unterklasse (eingeführt war das Zwickauer Lesebuch) und Bibeln für die Oberklasse. In eine einzige Bibel sahen oft drei Kinder. Auch im Schreiben waren sie arg vernachlässigt. „Ihre Federn sind von der elendsten Beschaffenheit“. Man benutzt noch Federkiele. Die Tinte besorgte der Lehrer gegen zwei Pfennige Entgelt. Sie wurde in mitgebrachten Tontöpfchen aufbewahrt. „Zu Hause wird nicht ein einziger Buchstabe geschrieben.“
Der Deutschunterricht war bisher ein unbekanntes Ding und musste neu aufgebaut werden.
Kein Wunder, dass der inspizierende Lichtensteiner Pfarrer Schödel bemerkt: „In der Hohndorfer Schule werde keine Aufsätze gefertigt“ und „Bei den Diktierübungen muss fast alles berichtigt werden.“ Auch im Rechnen der Oberklasse zeigten sich wenige Fortschritte. Der Lehrer klagte über die Trägheit und Schläfrigkeit, besonders der Knaben, da sie frühzeitig das Vieh austreiben und übermüdet zur Schule kommen.
Mit 6 Stunden in der Woche war Religion immer noch das Hauptfach der Oberklasse. Am Montag wiederholte man regelmäßig die Predigt vom vergangenen Sonntag. Das kunstvoll aufgebaute Frage- und Antwortspiel, Katechese genannt, bildete die Krone des Unterrichts.
Der Unterricht wurde im Allgemeinen wenig versäumt. Nur zur Kartoffelernte haperte es. Im Herbst 1849 waren einmal ganze 5 Kinder anwesend.
Zahlreiche Versäumnisse werden aus den Hungerjahren 1846/47 berichtet. Die Kinder waren auf der Suche nach Brot oder lasen Ähren auf den Feldern.
Der erste Lehrer Friedrich hielt nur ein knappes Jahr in Hohndorf aus. Am 10. Mai trat er als Kirchschullehrer in Rußdorf bei Werdau an. Trotz aller Bemühungen war ein neuer Lehrer nicht aufzutreiben. Als die Kinder sich nach den Pfingstferien wieder zum Unterricht einstellten, mussten sie heimgeschickt werden. Die Schule blieb bis auf Weiteres geschlossen.