Kindertagesstätte „Rappelkiste“ – Vom Bergbau geprägte Häuser
Die Steinkohlenfunde in Hohndorf im Jahre 1871 brachten für unser Dorf folgenreiche, große Veränderungen.
Zunächst wurden der Helene-und Idaschacht getäuft. Straßennamen führen uns heute noch in diese ehemaligen Bergbauareale. Die Vereinigtfeldschächte I, II und III, nach 1945 in Rudolf –Breitscheit-Schacht umbenannt, befanden sich zwischen Gemeinde- und Fleischerberg. Das „schwarze Gold“ lockte viele Arbeitssuchende an. Die Bevölkerung wuchs rasant an. Lebten im Jahr 1872 nur 700 Einwohner im Dorf, so hatte sich die Zahl bis zum Jahr 1927 verzehnfacht. Da waren es 7019 Einwohner. (2015 hatten wir in Hohndorf 3765 Einwohner). Mit der wirtschaftlichen Entwicklung entstanden viele Gaststätten, Bäckereien und andere Handwerksbetriebe. Die große Schule und Kirche waren eine Folge der Bevölkerungsexplosion. Auch die Bahnlinie war eine Notwendigkeit für den Bergbau. Um die Schachtanlagen herum entstanden Häuser, die zum Teil heute als Wohn- oder Wirtschaftsgebäude genutzt werden
Ida- und Heleneschacht hatten eine günstige Lage ganz nahe am Bahnhof Oelsnitz. Die beiden Schächte wurden nach den Töchtern Ida und Helene des Vorstandsvorsitzenden Singer aus Lichtenstein benannt. Steht man in der Helenestraße vor dem Kindergarten, denkt man nicht, dass ein Teil des Gebäudes früher zum Heleneschacht gehörte. Tatsächlich war der westliche Teil des heutigen Gebäudekomplexes ursprünglich das Pförtner- und Verwaltungsgebäude des Schachtes
Nachdem bereits um 1934/35 aus der Bevölkerung erste Überlegungen zur Schaffung einer Kindertagesstätte aufgekommen, aber mangels eines geeigneten Objektes gescheitert waren, wurde mit Beginn des II. Weltkrieges daraus zunehmend eine staatlich geforderte Notwendigkeit. Durch den Mangel an männlichen Arbeitskräften mussten verstärkt auch Mütter mit Kindern in die angespannte Kriegswirtschaft eingegliedert werden. Da Verhandlungen mit der Kirchgemeinde zur Nutzung des „Lutherhauses“ ergebnislos geblieben waren, erwarb die in die Pflicht genommene Gemeindeverwaltung im Jahre 1940 von der „Steinkohlengewerkschaft Deutschland“ das mit Wohn- und Pförtnergebäude ca. 5000 m² große Grundstück Helenestraße 7. Vor Nutzungsbeginn waren zunächst Instandsetzungs-arbeiten mit teilweise baulichen Veränderungen im Wohngebäude zu realisieren.
Bereits im März 1941 konnten zwei Räume als „Hilfsstelle Mutter und Kind“ zur Mütterberatung und nachfolgend am 1. Mai die Kindertagesstätte mit 65 Plätzen eröffnet werden. Damit war der Auftakt für die enorme Entwicklung der Einrichtung in den 1970er Jahren vollzogen. Zunächst wurde die weitere Entwicklung jedoch durch die komplizierte Nachkriegssituation unterbrochen. Mit Ende des Krieges wurde erst einmal der Betrieb gänzlich eingestellt. Es gab zwingendere Nutzungserfordernisse für das Objekt. Während bereits im Herbst 1944 das ungenutzte Pförtnergebäude als Notunterkunft für Luftkriegsbetroffene eingesetzt worden war, wurden ab Ende Mai 1945 in den Räumen der Kindertagesstätte ausgebombte Familien aus dem Raum Chemnitz untergebracht. Bereits Mitte 1946 wurde jedoch wieder ernsthaft über eine Inbetriebnahme nachgedacht, um der Vielzahl von Müttern, deren Männer vermisst oder noch nicht aus dem Krieg zurückgekehrt waren, durch Kinderbetreuung eine Erwerbstätigkeit zu ermöglichen. Aber die generelle Wohnraumsituation sowie die erschwerten materiellen Bedingungen für gründliche Renovierungen und notwendige Neumöblierung setzten zunächst zeitliche Grenzen für eine Wiedereröffnung. Doch am Sonntag, dem 10. August 1947, war es trotzdem möglich, die Aufnahmeformalitäten für zunächst 23 Kinder vorzunehmen, womit deren Betreuung ab Wochenbeginn möglich wurde. Durch Nutzung aller irgendwie verfügbaren Reserven gelang es schrittweise, diese bescheidene Anfangskapazität spürbar zu steigern. Wesentliche Grundlage für eine kontinuierliche, zeitweise sehr progressive weitere Gesamtentwicklung war vor allem die über jeweils lange Zeiträume wirksame personelle Konstanz bei der Leitung der Einrichtung.
Diese begann praktisch 1956 mit Frau Johanna Uhlmann, die nachfolgend bis 1975 in nahezu zwei Jahrzehnten die entscheidende Epoche ganz maßgeblich in die Wege geleitet hat.
Ihre Nachfolgerin Frau Labinsky war leider gesundheitlich nur bedingt in der Lage, dieses Erbe entsprechend fortzusetzen und wurde dabei von Frau Rabe, ihrer Stellvertreterin, tatkräftig unterstützt, bevor Frau Inge Osterer im Oktober 1980 für über 10 Jahre die Leitung der Einrichtung übernahm. Ihr folgte Elke Beetz, die 1991 erstmalig vom Gemeinderat aus dem Kreis von sechs Bewerberinnen gewählt wurde. Sie war vorher bereits 12 Jahre in der Einrichtung tätig und hat die folgenden 17 nicht unkomplizierten Jahre mit der Phase des Trägerwechsels zum Behindertenverband erfolgreich gemeistert. Ab September 2008 hat ihre Vertreterin, Frau Heike Schütze, seit 21 Jahren hier als Erzieherin tätig, folgerichtig den Staffelstab übernommen. Krankheitsbedingt schied sie aus dem Kindergarten aus und ab Oktober 2018 übernahm ihre Stellvertreterin Eva-Maria Erdmann, welche als langjährige Erzieherin in der gleichen Einrichtung arbeitete, die Leitung, bis auch sie 2022 in den Ruhestand ging. An ihrer Stelle trat Julia Schütze an die Spitze der Einrichtung.
Obwohl in den 1950er und 1960er Jahren die Aufnahmekapazität durch eine Vielzahl von Maßnahmen im eigenen Objekt, wie Ausgliederung Hort, Nutzung Hausmeisterwohnung usw. ständig gesteigert worden war, konnte der Bedarf an Plätzen bei Weitem nicht gedeckt werden, so dass schließlich noch ein Neubau beschlossen wurde.
Nach der Grundsteinlegung im Jahr 1971 erfolgte im Oktober 1972 die feierliche Übergabe mit einer Kapazität für 180 Kinder, der dann zehn Jahr später noch 36 Krippenplätze folgten. Das 25-jährige Jubiläum des Kindergartenneubaus fand dann unter völlig neuen Bedingungen statt. Nicht nur das äußere Umfeld hatte sich bis 1997 verändert. Nach den mit dem Wendeherbst und der deutschen Wiedervereinigung verbundenen politischen und wirtschaftlichen Veränderungen war die Einrichtung 1991 von der Gemeindeverwaltung übernommen worden, womit nicht nur ihr formeller Erhalt gesichert, sondern auch die wichtige Etappe einer stabilen Weiterentwicklung als kombinierte Kindereinrichtung eingeleitet wurde. Der umsichtige erste frei gewählte Gemeinderat sorgte im Oktober
1993 mit der Überleitung in „Freie Trägerschaft“ zum Behindertenverband e.V. des Landkreises Stollberg für den weiteren entscheidenden Schritt.
In unmittelbarer Nachbarschaft zum Kindergarten befindet sich das in den letzten Jahren sehr schön renovierte Vereinshaus, welches 1980 als Kinderkrippe gedient hatte. Nach dem Umbau von 1993/94 erfolgte die Einweihung als Jugendtreff. Die Räume wurden zeitweise auch als Bibliothek und Heimatstube genutzt. 2013 konnten mit Hilfe von Fördermitteln des Freistaates Sachsen Fenster und Türen erneuert, zwei separate Eingänge für zwei voneinander unabhängige Vereinsräume und Sanitäranlagen geschaffen werden. Auch die Fassade zeigt sich in neuem Gewand. Das Haus wird vorwiegend von der Chorgemeinschaft „Harmonie“ und vom „Hohndorfer Schützenverein 1997“ genutzt.